Ein Mehrfamilienhaus in Stuttgart-Möhringen erzeugt mehr Energie, als seine Bewohner benötigen. Herzstück des innovativen Projektes des Bietigheimer Wohnbaus sind ein Batteriespeicher und eine Energiezentrale.
Stuttgart – Wie können wir klimaneutral wohnen und mobil sein? Die Antwort auf diese Frage steht in der Filderbahnstraße 59 in Stuttgart. Direkt am Möhringer Bahnhof hat die Bietigheimer Wohnungsbaugesellschaft ein Mehrfamilienhaus erstellt, hinter dessen Fassade ein innovatives Energiekonzept steckt, welches von der Ingenieurgesellschaft EGS-plan entwickelt und in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Stuttgart umgesetzt wurde. Die komplexe Energiewende-Technik betreiben künftig die Stadtwerke Stuttgart. Davon profitieren 22 Wohnparteien. "Mit diesem Projekt übernehmen wir Verantwortung. Es beweist, dass die komplette energetische Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner ausschließlich mit den natürlichen Ressourcen des Standorts möglich ist", hebt Carsten Schüler, Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau GmbH, hervor.
Rein bilanziell erzeugt das Mehrfamilienhaus mehr Energie, als es verbraucht – und erspart dadurch der Umwelt jährlich rund 94 Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids. Dies leisten sechs Energieprojekte, die eng miteinander verzahnt sind. "Von der Wärmegewinnung aus dem Abwasserkanal bis hin zur Ladeinfrastruktur und dem günstigen Sonnenstrom vom Hausdach steckt alles drin. Das sind die Hebel, mit denen wir die Energiewende in unserer Stadt voranbringen", sagt Peter Drausnigg, technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Stuttgart. Und dass zukunftsträchtige Gebäude neben Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit auch in Sachen Architektur punkten können, belegt die Auszeichnung des "uptown green living" mit dem Immobilien-Award der Metropolregion Stuttgart. "Das macht uns besonders stolz, denn wir möchten neben umweltgerechtem Wohnkomfort auch einen Beitrag zum urbanen Lebensgefühl leisten", unterstreicht Carsten Schüler. Der Gebäudeentwurf stammt von der Werkgemeinschaft Böhme und Hilse.
Batteriespeicher erfährt wissenschaftliche Begleitung
Die konsequente Ausrichtung des Gebäudes mit den Wohnbereichen nach Süden ist einer der energetischen Ansätze, den die Planer des Mehrfamilienhauses konsequent umgesetzt haben. Einen Großteil der Energieerzeugung erledigt dann die Sonne: Neben der Fotovoltaikanlage auf dem Dach gibt es zusätzlich Strom erzeugende Spezialfolien aus organischem Material an den Balkonbrüstungen. Die so gewonnene elektrische Energie steht den Bewohnerinnen und Bewohnern im Haus günstig zur Verfügung.
Herzstück des komplexen Energiesystems ist ein großer Batteriespeicher im Keller. Dieser sorgt dafür, dass der selbst erzeugte Strom auch abends und nachts zur Verfügung steht – auch an den 22 Ladestationen für Elektrofahrzeuge, die die Stadtwerke Stuttgart in der Tiefgarage anbieten. Für wohlige Temperaturen in den Wohnungen sorgt eine ganz besondere Heizung, die Abwasserwärme nutzt. Diese hebt ein spezieller Wärmetauscher, der in das öffentliche Kanalnetz unter dem Grundstück eingebracht wurde. Dort herrschen rund um das Jahr mit rund 14 Grad Celsius konstante Temperaturen, die in der Wärmezentrale des Gebäudes mit Hilfe einer Wärmepumpe auf die Vorlauftemperatur des Heizkreislaufs gebracht werden. "Den dazu erforderlichen Strom hält unser Speicher vor, so schließt sich der Kreis zwischen den energetischen Teilprojekten", erläutert Viola Kucklies.
Die erfahrene Versorgungsingenieurin arbeitet als Projektleiterin bei den Stadtwerken Stuttgart. Mit der Bauübergabe ist ihre Arbeit in der Filderbahnstraße 59 noch nicht beendet. Denn ob das energetische Konzept mit dem groß dimensionierten Batteriespeicher aufgeht und wie sich die einzelnen Aspekte über die ersten Betriebsjahre entwickeln, das soll bis Ende 2022 eine wissenschaftliche Begleitung des Steinbeis-Innovationszentrums dokumentieren. Finanziert wird die Datenerhebung durch das Bundesministerium für Umwelt. "Durch diese Analyse wächst unser Wissen in Sachen Energieeffizienz und Steuertechnik dynamisch. Nur so schaffen wir die Herausforderungen des Klimaschutzes, für den wir uns als Partner der Stadt Stuttgart, der Wohnungswirtschaft und der Menschen in der Region mit innovativen Projekten engagieren", unterstreicht Peter Drausnigg abschließend.
Weitere Köpfe für Innovation:
Energiemanagementsystem: enisyst GmbH; Pliezhausen
Fotos rechts im Download frei zum Abdruck (© Stadtwerke Stuttgart / Max Kovalenko): Ein Mehrfamilienhaus in Stuttgart-Möhringen erzeugt mehr Energie, als seine Bewohner benötigen. Herzstück des innovativen Projektes des Bietigheimer Wohnbaus sind ein Batteriespeicher und eine Energiezentrale. Die Daten dort überprüft Viola Kucklies, Versorgungsingenieurin bei den Stadtwerken Stuttgart.